08. 02. 2022 | MFI Asset Management

Was der jüngste Zinsanstieg für den Rentenmarkt bedeutet

Die EZB-Ratssitzung am 3.2.2022 war im Ergebnis sehr bemerkenswert. Mit der von den Marktteilnehmern so empfundenen Aufgabe Ihrer Arbeitsgrundlage, der aktuelle Inflationsanstieg sei nur vorübergehender Natur und werde sich im Jahr 2022 wieder von selbst auf das Zielniveau der EZB zurückentwickeln, hat die EZB das Renditeumfeld dramatisch bewegt.

Frau Lagarde legte auf der Pressekonferenz dar, dass die Risiken nunmehr aus Sicht der EZB in kurzfristig weiter steigenden Preisen bestünden. Die noch im Dezember ausgegebene Devise, dass Zinserhöhungen im Jahr 2022 sehr unwahrscheinlich seien wurde auf explizite Nachfrage nicht mehr bestätigt.

Also, so der Schluss der Marktteilnehmer und Analysten wird es im Jahr 2022 wohl Zinsanhebungen geben. Die Frage sei nur noch, wann und in welchem Ausmaß. Wider Erwarten bewegt sich die EZB also doch und der Überraschungseffekt war deutlich. Die Rendite der zweijährigen Bundesanleihen stieg innerhalb von 2 Tagen von -0,48% auf - 0,225% und die zehnjährigen schossen von 0% auf +0,20%.

Die Analyse der neuen Lage zeigt, dass die weitere Entwicklung maßgeblich davon abhängen wird, welche Erwartungen sich bezüglich der weiteren Notenbankpolitik aufbauen. Erste Analysehäuser sehen bis zum Jahresende ab Juli bereits 2 Zinserhöhungen zu je 0,25%. Andere erwarten einen deutlich flacheren Verlauf in 0,1% - Schritten. Da die Unsicherheit über die Anzahl der Schritte und die Schrittweite aber groß ist, sollte der Markt eine entsprechende Risikoprämie in den langen Laufzeiten einpreisen. Die Kurve ist zwar mit einem aktuellen Spread von 0,7% schon deutlich steiler geworden (noch im Dezember lag der Spread zwischen den zehnjährigen Renditen und dem Geldmarkt bei 0,1%), aber angesichts des immer noch niedrigen absoluten Niveaus wie auch der Realrendite hat der Spread durchaus noch Potential. Ab einem Spread von 1% könnte die Risikoprämie ausreichen, um auf diesem Niveau zu warten, wie die EZB agiert. Das Risiko liegt daher kurzfristig in einem weiteren Renditeanstieg um 0,25% bis auf ca. 0,45%-0,5% für zehnjährige Bundesanleihen.  Auch die kürzeren Laufzeiten werden unter Druck bleiben und nach den 5-Jährigen auch noch kürzere Laufzeiten wieder in den positiven Bereich bringen.

Aber man sollte vorsichtig sein mit einer dann allzu kurzen Positionierung in den Rentenmandaten. Denn die Inflationsentwicklung ab März könnte wieder für eine Überraschung sorgen. Wenn sich also die EZB über die weitere Vorgehensweise in der dann anstehenden Sitzung Gedanken macht, könnten mit der Bekanntgabe der März-Inflation die Tauben im EZB-Rat Recht bekommen. Dann nämlich beginnt der umgekehrte Basiseffekt im Inflationsindex zu wirken.  War im Jahr 2021 der Anstieg des Indexes im Januar und Februar mit 0,17% und 0,21% Monat auf Monat noch relativ moderat, so folgten Monate mit 0,95% im März, 0,55% im April und jeweils 0,3% im Mai, und Juni. In den ersten 6 Monaten legte der Index um 2,445% zu, allein aber von Ende Februar bis Ende Juni um 2,06%. Wenn sich die weitere monatliche Inflationsentwicklung ab Februar 2022 mit einer Rate von nur noch 0,2% pro Monat nach oben bewegt, hat das zur Folge, dass die Jahresrate im März bei 4,3% nach 5,1% im Februar liegt und im April, Mai und Kuni leicht unter 4%. Nach einem kurzen Anstieg auf 4,1% fällt die Rate dann bis auf 2.5% im Dezember. Die Tauben bekämen daher Recht und der Beginn eines Zinsanhebungszyklus wäre eher unwahrscheinlich.  

Doch wie wahrscheinlich ist eine Entwicklung im Inflationsindex mit einer Steigerungsrate von nur 0,2% p.m. anstatt 0,41% wie im Jahr 2022. Nun, zum einen ist es so, dass die wesentlichen Faktoren für den Inflationsanstieg im Jahr 2021 – Energiekosten und Lebensmittelpreise - seit ihren Tiefständen im Jahr 2020 dramatisch gestiegen sind und nur weiter deutlich steigende Energiekosten den gleichen Effekt zeigen könnten. Der Ölpreis müsste also noch einmal um 60% anziehen und auch Gas sich entsprechend verteuern. Nicht auszuschließen angesichts der geopolitischen Krisenlage - aber eben auch nicht ausgemacht. Ohne den Einmarsch Russlands in die Ukraine ist dieses Szenario eher unwahrscheinlich, da das Angebot ab einem Ölpreis von 80 USD wieder sehr elastisch werden dürfte.

Der Commodity-Preis Index in EURO, in dem auch die Energiepreise enthalten sind, hat sich   jedenfalls seit Oktober kaum mehr verändert. Sollte das so bleiben, wirkt auch hier ein deutlicher Basiseffekt in Richtung wieder fallender Veränderungsraten. Ähnlich sieht es bei den vorlaufenden Indikatoren wie Importpreise und Produzentenpreise aus. Wenn das Momentum, mit dem sich die Veränderungsraten nach oben bewegt haben, nur etwas nachlässt, wirkt das deutlich negativ auf die Veränderungsrate des Inflationsindexes.  Die aktuelle Zinsanhebungsfantasie könnte dann schnell wieder ausgepreist und die Renditen in längeren Laufzeiten wieder gesucht werden.

Der aktuelle Renditeanstieg könnte sich – zumindest für eine deutlich Gegenbewegung ab Mitte März – als DIE Investitionsgelegenheit in Renten im Jahr 2022 herausstellen.  Vorerst aber gilt es noch, die Füße still zu halten.  

Wir werden die Situation äußerst konzentriert verfolgen und für unsere Kernkompetenz wie der MFI-AM-Rentenstrategie bestmöglich zu gestalten versuchen.

Ihr

Johann-Peter Roßgoderer