10. 03. 2025 | MFI Asset Management

Kommentar: Sondervermögen für Infrastruktur und Wehrausgaben

Jetzt hat Friedrich Merz seinen „Liz Truss“ – Moment
 

Ein Déjà-vu mit Liz Truss' Steuerplänen

Die Entwicklung am EURO-Rentenmarkt seit der Ankündigung des Infrastruktur-Sondervermögens und der de facto Abschaffung der Schuldenbremse am Dienstagabend war durchaus vergleichbar mit der Reaktion des UK-Rentenmarktes auf die Ankündigung des Steuersenkungsprogramms von Liz Truss im Jahr 2022. Übrigens: Mit 49 Tagen hatte sie die kürzeste Amtszeit als Premierministerin in der britischen Geschichte (von 6. September bis 24. Oktober 2022).

Ihr Plan, den Spitzensteuersatz und die Unternehmenssteuern durch Schulden zu senken, hat dazu geführt, dass die Renditen für UK-Staatsanleihen extrem angestiegen sind. Das hat dazu geführt, dass die Pläne zurückgezogen wurden und Truss als Premierministerin zurückgetreten ist. Der Markt hat gezeigt, dass er eine Art Selbstjustiz übt und die Politik in ihre Schranken weist.

Ähnliches hat sich in den letzten beiden Tagen am EUR-Rentenmarkt getan. Die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen sind in nicht einmal zwei Handelstagen von 2,45 % auf 2,95 % gestiegen. Die Marktreaktion auf die Pläne der neuen Regierung hat sich dabei nicht nur auf deutsche Anleihen beschränkt, sondern betraf den gesamten Euroraum. Auch alle anderen Länder sahen sich mit dieser deutlichen Verschlechterung ihrer Refinanzierungskonditionen konfrontiert, obwohl sie von den deutschen Plänen scheinbar nicht direkt betroffen sind.

Der Dominoeffekt im Euroraum

Es ist also keine reine deutsche Sache, sondern ein Ding, das auf den ganzen Euro-Raum ausstrahlt. Die Verschlechterung der deutschen Finanzstabilität, die man ja bisher im Vergleich der großen und auch vieler kleiner Euroländer als Muster an Disziplin und Kennzahlen zur Verschuldung gesehen hat, betrifft nach Marktsicht auch die übrigen Länder, weil das größte Land und dessen Solidität auch die übrigen Länder gestützt hat. Aber jetzt wird das in Frage gestellt.

Bisher sieht man da auch keine große Spread-Verkleinerung zwischen dem deutschen Markt und dem Rest. Neben dem angenommenen Schwund an fiskalischer Disziplin in Deutschland spielen bei den Überlegungen auch makroökonomische Zusammenhänge eine Rolle.

Die Angst vor einer Rückkehr von Inflation, die durch die Politik verursacht wurde, und damit einem vorzeitigen Ende des Zinssenkungsprozesses durch die EZB steht dabei im Fokus. Es wird argumentiert, dass zusätzliche Staatsausgaben für Infrastruktur und Verteidigung zu höheren Inflationsraten und einer restriktiveren Notenbankpolitik führen können. Und das erklärt auch, warum der ganze Euroraum von dem Politikwechsel in Deutschland betroffen ist und nicht nur der Rentenmarkt.

Die Leute erinnern sich noch gut an die Inflation 2021/2022, die auch durch die damals extrem expansive Fiskalpolitik mitverursacht worden ist. Und jetzt sehen sie das als realistische Gefahr. 

Staatsfinanzen: Ein Blick in die Zukunft

Wir denken, dass die Argumente für den Renditeanstieg gelten, selbst wenn Deutschland seine Schulden um 500 Milliarden Euro erhöht. Das wäre eine sofortige Inanspruchnahme des vollen Betrags. Die Verschuldungsquote würde dann nur um ungefähr 12 Prozentpunkte von aktuell 60 % auf 72 % steigen. Aber die 500 Milliarden sollen ja auch nur in zehn Jahren bezahlt werden. Dann ist der Effekt wohl niedriger. Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass das BIP auch steigt, wenn man in Infrastruktur investiert. Wenn wir noch mehr Geld für die Verteidigung ausgeben, also so um die 70 Milliarden Euro jedes Jahr, dann wird sich die Lage noch weiter verschlimmern. Dann würden wir nämlich mehr als drei Prozent des BIP für die Verteidigung ausgeben. Die Verschuldungsquote würde dann in den nächsten zehn Jahren um weitere 15 Prozentpunkte auf 87 % steigen.

Das wäre immer noch ein Wert, um den uns die meisten anderen Länder beneiden würden, also die USA, Japan, das Vereinigte Königreich und die meisten Euroländer.

Das gilt aber nur, solange sich die Refinanzierungskosten des Staates in etwa auf aktuellem Niveau bewegen und nicht weiter steigen. Ansonsten wird auch die Zinsbelastung immer höher und belastet den Staatshaushalt entsprechend. Die Länder, die jetzt schon mehr Schulden haben, werden das als erste merken. Dann wird wieder jeder laut nach der Notenbank rufen.

Solange die EZB sich nicht in einen Zielkonflikt begibt, also die Refinanzierung über den Aufkauf von Staatsanleihen und Leitzinsen auf einem Notfallniveau nicht durch einen Anstieg der Inflationsrate begleitet, kann das wie in der Periode 2012 bis 2021 eine ganze Zeit lang gut funktionieren. Wenn die Inflation aber über ein Niveau steigt, das die Menschen und auch die EZB nicht mehr akzeptieren, wird es schwierig mit den Maßnahmen, die das System am Laufen halten sollen.

Die Ausgaben für die Infrastruktur werden wohl bei ungefähr 1,2 % des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr liegen. Das sind deutlich weniger als die Corona-Ausgaben in den Jahren 2020 bis 2023. Und auch die zusätzlichen Verteidigungsausgaben liegen bei ca. 1,5 % im Verhältnis zum BIP. Das wären also insgesamt 2,7 % zusätzliche Staatsausgaben, wenn sich die Zahlen so bewahrheiten. Das ist natürlich ein Schub für die Konjunktur und die Beschäftigung in Deutschland und auch in Europa. Aber im Unterschied zu den direkten Transferleistungen an Unternehmen, Selbstständige und Privathaushalte während der Coronakrise können die Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben nur dann die Inflation beeinflussen, wenn nicht genug Kapazitäten da sind, um die Aufträge abzuarbeiten. Dann müssen Auftragnehmer höhere Preise verlangen, weil sie höhere Löhne zahlen müssen, um Personal zu finden, oder weil sie um knappes Material konkurrieren müssen. Viele Bereiche der deutschen Wirtschaft haben gerade echte Probleme und müssen Personal abzubauen. Außerdem gibt es aktuell keine Angebots-/Nachfrageungleichgewichte wie zu Coronazeiten. Wir denken deshalb, dass die Gefahr eines durch die Programme ausgelösten signifikanten und dauerhaften Inflationsschubs eher gering ist.

Fazit: Unser Blick nach vorne

Die EZB wird sich in ihrer Grundausrichtung in Richtung niedrigere Leitzinsen wohl nicht beirren lassen. Aber wenn die Leitzinsen wieder bei 2 % sind, sieht man, dass die Renditestrukturkurven nach dem Anstieg der langen Renditen wieder steil sind. Dann kann es richtig teuer werden, nur in kurzen Laufzeiten investiert zu sein.

Die MFI Asset Management betreut institutionelle Mandanten mit der aktiv gesteuerten MFI-AM Renten Strategie und analysiert solche Ereignisse fortlaufend um einen Mehrwehrt in den Portfolios realisieren zu können.

Ihr

Johann Peter Roßgoderer