Der Beginn eines neuen Jahres ist immer ein passender Zeitpunkt, zurückzublicken auf das, was im vergangenen Jahr geschehen ist und sich Gedanken zu machen, was wohl die Zukunft im neuen Jahr bringen mag. Der Januar trägt diese Doppelsicht im Namen, mit dem Gott Janus, der mit einem Doppelgesicht ausgestattet – eines nach hinten und eines nach vorne ausgerichtet – die Dualität ewiger Gesetzmäßigkeiten symbolisiert. Anfang und Ende, Schöpfung und Zerstörung, Licht und Dunkel, Zukunft und Vergangenheit, Ein- und Ausgang, alles Gegensätzliche ist sein Metier.
In der Rückschau des Jahres 2021 drängt sich einem natürlich die globale Betroffenheit, aber auch der mittlerweile fast souveräne Umgang mit Corona-Virus als prägender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Parameter auf. Die mittlerweile vierte oder fünfte Welle und mit Omikron wohl wievielte Variante des Virus lassen einen gewissen Gewöhnungseffekt und Gelassenheit im Umgang damit erkennen. Hohe Impfquoten und die stabilen Hospitalisierungsraten trotz dramatisch gestiegener Inzidenzen wirkten hier als Beruhigungsmittel für die Märkte, die die Omikron-Gefahr schon Mitte Dezember zu den Akten legte und wieder in den Normalmodus überging. Das griechische Alphabet hat aber noch mehr Buchstaben und eine Neuauflage des Pandemie-Szenarios bei künftigen Varianten ist nicht unmöglich. Zudem können sich einzelne Ausbrüche mit damit verbundenen Quarantänemaßnahmen weiter auf Lieferketten auswirken.
Warum kommt die Inflation erst jetzt?
Die Auswirkungen der Corona-Krise bzw. des Auslaufens der Krise haben für viele überraschend im Jahr 2021 zu Effekten geführt, die in der Weise bzw. diesem Ausmaß in der Wirtschaftsgeschichte bisher noch nicht zu beobachten waren. Aus einem Stillstand der ökonomischen Aktivität mit Deflation, einem negativen Ölpreis und dramatisch steigenden Arbeitslosenquoten in Ländern ohne Kurzarbeiterregelungen, entwickelte sich mit dem Beginn der Impfungen ein Szenario, in dem durch dramatisch steigende Energie- und Rohstoffpreise, anziehende Preise für Industriemetalle und Nahrungsmittel sowie wegen der Knappheit an Transportkapazitäten und Vorprodukten die Inflationsraten weltweit so stark angezogen sind, wie seit über 30 Jahren nicht mehr. Die Globalisierung nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, die laufenden Effizienzgewinne in den Unternehmen aus neuen Datenverarbeitungs-, Informations- und Kommunikationstechnologien, sowie der Automatisierung von Arbeitsprozessen durch Roboter und Maschinen, die generelle Deregulierung der Wirtschaft ab den 80er Jahren, haben die Inflationsentwicklung trotz eines Zuwachses der Weltbevölkerung um mehr als 2 Mrd. Menschen und einer Verbesserung des durchschnittlichen Lebensstandards weltweit sehr lange gedeckelt. Damit ist es fürs Erste wohl vorbei. An der immer wieder angeführten Transitorik des Inflationsausbruches scheinen selbst in den Notenbanken weltweit Zweifel aufzukommen
Was ist von den Zentralbanken zu erwarten?
Die ersten Schritte in Richtung Straffung der insgesamt immer noch extrem expansiven Ausrichtung sind eingeleitet oder schon begonnen. Es ist aber mit Blick nach vorne ein Drahtseilakt, der vor den Notenbanken liegt. Jahrelanger geldpolitischer Missbrauch hat die Volkswirtschaften von der Liquidität und Nullzinsen abhängig gemacht. Der Entzug könnte für so manchen sehr schmerzhaft werden oder sogar den Exitus bedeuten. Die FED hat den US-Aktienmarkt im Blick, die EZB die Finanzierungskonditionen der Euro-Staaten und alle werden durch die Inflation getrieben. Es ist wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, bei der man nur Fehler machen kann. Dass sich das Inflationsgeschehen angesichts immer noch rekord-niedriger Zinsen und astronomischer Geldmengensteigerungen von selbst ohne Zutun der Notenbanken so weit beruhigt, dass kein Handlungsdruck mehr besteht, wäre zwar wünschenswert, ist aber sehr unwahrscheinlich. Auch, weil die Fiskalpolitik weiter antreibt, als gäbe es kein Morgen oder Geld auf immer und ewig umsonst. Und so laufen wir in einen schmerzhaften Entzug. Viele von uns werden dies in ihrem Berufsleben als Fondsmanager, Pensionskassenvorstand, Versicherungsmanager oder Depot A-Manager bei einer Bank noch nie erlebt haben. Volatilität ist da vorprogrammiert.
Welche Risiken birgt die Weltpolitik?
Auch die politische Seite mit einem absehbaren High Noon zwischen den USA und Russland in der Causa Ukraine ist hochbrisant. Die Forderungen und Ultimaten werden schärfer und eine für beide Seiten gütliche Einigung (unter Einbeziehung von Nebenkriegsschauplätzen wie Nord Stream II) scheint schwierig. Ein Einmarsch der Russen in die Ukraine wäre wohl gleichbedeutend mit dem Bau eines neuen eisernen Vorhangs. Die neue Bundesregierung hat noch nicht das Format, um eine stabilisierende Rolle spielen zu können, zumal sie in der Nord Stream-Frage nicht unisono spricht.
Auch Taiwan und China stellen einen Risikofaktor dar, der jederzeit zu einem Chaos an den Märkten führen kann. Die chinesische Wirtschaft macht sich zunehmend von der US-Wirtschaft unabhängig und senkt damit den Preis für eine Annexion Taiwans. Die Präsenz vieler ausländischer Firmen in China und dessen Bedeutung als Absatzmarkt stellen eine Drohkulisse ersten Ranges dar. Ein zweiter Eiserner Vorhang wäre als Konsequenz im Falle Chinas weitaus verheerender als im Falle Russlands.
Beides zusammen möchte ich mir gar nicht vorstellen. Aber andererseits, wenn man nichts mehr verkaufen kann, braucht man auch keine Energie mehr.
Was erwartet uns an den Märkten?
2022 wird ein hochinteressantes Jahr, in dem in mehreren Bereichen mit Entscheidungen zu rechnen ist, die das schöne Bild für den Aktienmarkt schwer beschädigen und die Blasen an vielen Rentenmärkten platzen könnten. Der Markt lebt von der Gewinnentwicklung, von Aktienrückkäufen, von der Liquidität und der Alternativlosigkeit im Rentenbereich, von seiner Sachwertenähe und einer neuen Käuferschicht, die eher ihren Spieltrieb befriedigt sehen will, als konventionell und langfristig zu investieren. Produkte, mit hohem Leverage, werden für kurzfristiges Trading genutzt. Hop oder Top heißt die Devise, make-it-or-break-it, alles oder nichts, nur keine Langeweile. Volatilität ist Trumpf.
Alle diese Punkte in Summe lassen auf ein bewegtes Jahr 2022 schließen, in dem es abrupte Marktbewegungen geben kann, die signifikantes Verletzungspotential haben. Darauf sollte man eingestellt sein. Man muss aber auch den Mut aufbringen, dann, wenn die Volatilität sehr hoch ist, sich entsprechend zu positionieren. Denn das Risiko ist dann am höchsten, wenn die Volatilität niedrig ist. Ist sie hingegen sehr hoch, ist in der Regel das bereits passiert, was man befürchtet hat.
Das Feed-Back, das wir im letzten Jahr bekommen haben, war äußerst positiv. Nicht zuletzt aufgrund unserer guten Ergebnisse. Wir konnten eindrücklich beweisen, dass unsere Strategien, die wir weiterhin optimiert haben, einen wichtigen Beitrag geleistet haben, um die Ziele unserer Kunden zu erreichen. Die MFI Asset Management bietet institutionellen Geldanlegern auch für das Jahr 2022 clevere Investmentlösungen. Wir freuen uns auf die kommenden Herausforderungen.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls einen guten Jahresstart und für ein gutes Gelingen sowohl die dafür notwendige Vorsicht als auch den dafür aufzubringenden Mut.
Ihr
Johann Peter Roßgoderer