19. 03. 2021 | MFI Asset Management

Volkswagen AG: Neubewertung oder Financial Engineering?

Der Kurs der VW -Aktie ist seit Jahresanfang 2021 um 65% gestiegen, oder aber um 107%, je nachdem, ob wir die Vorzüge oder die Stämme betrachten. Diese Kursentwicklung ist an sich schon mehr als bemerkenswert, da sie VW wieder zum schwersten deutschen Wert vor der SAP machte und ein so starker Kursanstieg in so kurzer Zeit in hochkapitalisierten Aktien eher selten ist.

Nun hat diese Woche VW seine E-Mobilitätspläne für die nächsten Jahre breit dargelegt und eine Investitionsoffensive in Batterieproduktionskapazitäten bekannt gegeben. Auch die geplante Fokussierung auf die eigene IT-Entwicklung mit dem Ziel nach SAP der zweitgrößte IT-Systemanbieter zu werden kann dem Wert gerade in den letzten drei Tagen geholfen haben,  um mehr alsr 31% bzw. 52% zuzulegen.

Auffällig dabei ist aber, dass die Stammaktien deutlich stärker zulegten als die Vorzüge und dieser Anstieg in den Stämmen seit dem 16.3. mit enorm hohem Volumen bewirkt worden ist. Allein an diesem Tag wurden auf Xetra fast 1 Mio. Aktien gehandelt und am Tag darauf noch einmal über 650 Tsd. Aktien. Das durchschnittliche Volumen der gehandelten Aktien in den letzten 12 Monaten vor dem 16.3. lag hingegen bei lediglich 100 Tsd Aktien am Tag. 

Für einen Wert wie VW sollten diese Volumina grundsätzlich kein kursrelevantes ‚Problem‘ darstellen, bei den Vorzügen liegt das durchschnittliche Handelsvolumen bei ca. 1,3 Mio Anteile am Tag.  Aber der Unterschied zwischen den Stämmen und den Vorzügen liegt im Free-Float. 90% der Stämme liegen bei Porsche, Niedersachsen und Quatar, während die Vorzüge breit gestreut sind (lediglich Quatar besitzt ca. 17% der Vorzüge).

Bei einer Gesamtmarktkapitalisierung von aktuell ca. 150 Mrd.€ entfallen auf die Vorzüge ca. 50 Mrd. € und auf die  Stämme ca. 100 Mrd €. Der Free-Float der Stämme liegt damit selbst nach dem Kursanstieg bei nur 10 Mrd. €. Vor dem Anstieg ab dem 16.3. lag der Free Float bei lediglich 5 Mrd. €.

Wenn man die Möglichkeiten betrachtet, die Anlegern über Derivate (Optionen, Optionsscheine, Zertifikate, CFDs etc ) zur Verfügung stehen, wird deutlich, dass nach den Erfahrungen bei Gamestop die in der Spitze eine Marktkapitalisierung von ca 25 Mrd. USD aufwiesen, die VW-Stämme ein interessantes Cornering-Target darstellen können. Bei entsprechendem Kapitaleinsatz(bzw. Exposure-Aufbau) bestünde die einzige Gefahr für die Spekulanten  in einer Umwandlung der Vorzüge in Stammaktien.

Angesichts der aktuellen Eigentümerstruktur der Stämme erscheint das allerdings unwahrscheinlich. Bei BMW und Daimler liegen die Free-Floats übrigens bei ca 50% und 80%.

Ich bin gespannt darauf, was davon weiter zu hören und lesen sein wird.

Autor: Dipl. Kfm. Johann Peter Roßgoderer, Geschäftsführer